Review< Zurück 26.09.2012
Von Max Werschitz
Fünf Freunde (nein, nicht die von Enid Blyton) fahren auf ein Hüttenwochenende in den Wald. Und dann passieren schlimme Dinge. – Diese Beschreibung trifft nicht nur auf 'The Cabin in the Woods', sondern zig andere Slasher-Filme zu. Und das ist Absicht. Doch Produzent und Co-Autor Joss Whedon wäre eben nicht Joss Whedon wenn da nicht noch viel mehr dahinterstecken würde…
Horch, wer steht da vor der Tür?
Tja, das Slasher-Genre ist inzwischen in die Jahre gekommen. Bob Clarks Black Christmas war 1974 der erste der diesen Namen verdiente (und da soll noch wer sagen die Kanadier wären langweilig), und so richtig populär wurde das Format bereits wenige Jahre später mit John Carpenters Halloween (1978) und Sean S. Cunninghams Friday the 13th (1980). Das Eis war gebrochen, und die Kinoleinwände der frühen und mittleren 80er regelmäßig blutgetränkt. Das Publikum hatte offensichtlich Gefallen daran gefunden aus der sicheren Position eines Plüschsessels zuzusehen wie ein Irrer eine meist jugendliche Truppe von Protagonisten schön scheibchenweise abmurkst. Doch dann wurden anscheinend alle erwachsen und die Luft war erst mal draussen. Das ging bis 1996, als Wes Craven dem Genre erneut (ironisches) Leben einhauchte. Und so folgte die zweite, etwas mainstreamtauglichere und metakommentatorische Welle, die schließlich auch einige unvermeidliche Remakes hervorbrachte.
Wenn ich mich richtig erinnere war der erste Slasher-Film den ich selbst gesehen habe I Know What You Did Last Summer (1997), und das noch dazu in einer Sneak Preview im damaligen Royal Kino. Holla, der ist eingefahren. Seitdem habe ich einige (aber, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, bei weitem nicht alle) der Klassiker aufgeholt und bin auch neueren Gehversuchen des Genres nicht abgeneigt. Meine absoluten Favoriten sind, und das schaut jetzt nur rein zufällig patriotisch aus, Andreas Prochaskas In 3 Tagen bist du tot (2006) und vor allem dessen Fortsetzung von 2008.
Bis jetzt. Patriotismus hin oder her, mit The Cabin in the Woods ist Joss Whedon (Produzent, Co-Autor) und Drew Goddard (Regie, Co-Autor) ein post-postmodernes Meisterwerk gelungen.
Ein metakritischer Slasher? Hatten wir doch schon – und das gleich vier Mal: Scream, anyone? Doch wer Joss Whedon (Buffy the Vampire Slayer, Angel, Firefly, Dr. Horrible's Sing-Along-Blog) kennt weiß dass da eben noch viel mehr rauszuholen ist. Und so ist The Cabin in the Woods nicht einfach nur eine weitere selbstreferenzielle Abhandlung (bzw. Abwandlung) des altbekannten Formats, sondern schwingt sich mit Bravour zu so etwas wie der posthum-parodistischen Mutter aller Slasher-Filme empor.
Doch lassen wir den Mann selbst zu Wort kommen: "On another level it's a serious critique of what we love and what we don't about horror movies. I love being scared. I love that mixture of thrill, of horror, that objectification/identification thing of wanting definitely for the people to be alright but at the same time hoping they’ll go somewhere dark and face something awful. The things that I don't like are kids acting like idiots, the devolution of the horror movie into torture porn and into a long series of sadistic comeuppances. Drew and I both felt that the pendulum had swung a little too far in that direction."
(TotalFilm.com, 17.4.2012).
Schön gesagt. Doch worum geht es eigentlich? Die Prämisse, wie schon eingangs erwähnt, ist simpel: fünf College-Freunde (Kristen Connolly, Anna Hutchison, Jesse Williams, Chris Hemsworth [hoppla, war der nicht schon Thor UND Kirks Vater?] und der fantastische Fran Kranz [u.a. in Joss Whedons Dollhouse und erst kürzlich sogar in der Web-Serie Journey Quest zu sehen]) fahren zu einer Hütte in einem abgelegenen Gebirgswald um ein feucht-fröhliches Wochenende zu verbringen. So weit so gut, das kennt man ja. Der Film beginnt jedoch nicht mit dieser Truppe, sondern an einem völlig anderen Schauplatz, mit einem Team von – tja, einfachen Büroangestellten? oder doch Wissenschaftlern? man weiß es erst mal nicht so genau – die, wie sich bald herausstellt, unsere jugendlichen Helden auf Schritt und Tritt beobachten. Irgend was ist da im Busch, und offensichtlich nicht nur der vom Publikum ohnehin herbeigesehnte irre Killer.
Und mehr darf man von der Handlung auch nicht verraten. Nur so viel: während die Protagonisten scheibchenweise ins Gras beißen, entfaltet sich ebenso scheibchenweise eine bizarre und hochamüsante, handfest ins Science Fiction- und Fantasy-Genre abdriftende Hintergrundgeschichte die bis zum fulminanten Ende zwar einiges offenbart, aber dem Zuseher dennoch genügend Fragen und Freiraum für die eigene Fantasie übriglässt. Um es salopp zu formulieren: der Film ist eine geniale Kombination aus What If, Whodunit und schließlich What the Fuck.
Ja, Scream war amüsant. Aber das war in den 90ern, und es geht besser. In The Cabin in the Woods sind die vordergründige Handlung und deren Charaktere, also all das was das Kinopublikum erwartet (und großteils sogar bekommt), nur die Spitze des metakritischen Eisbergs. Und dieser Eisberg wiederum ist die Spitze eines weiteren, noch viel größeren Eisbergs, den man sich gerne von Joss Whedon ins Hirn rammen lässt.
Tja. Heute ist der 26. September, der Film läuft schon seit einiger Zeit in den heimischen Kinos, und ich habe ein ziemlich schlechtes Gewissen dass ich erst jetzt eine Kritik über ihn schreibe. Naja, dafür habe ich ihn inzwischen schon zwei mal gesehen (und es ist einer dieser Filme mit Wiederholungswert die man unbedingt zwei Mal sehen sollte). Heute und morgen ist er jedenfalls noch im Programm – und ich hoffe auch einige Wochen danach, er hätte es sich verdient.
Meine Wertung: |
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